Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!
Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe.
Phil. 4, 4-5

Liebe Schwestern und Brüder,

wir befinden uns in einer nicht einfachen Situation. Einige Regierungschefs sprechen sogar von einem Kriegszustand. Viele von uns sind zurecht besorgt. Viele von uns fragen sich heute: Wie geht es denn nun weiter? Was kommt noch auf uns zu und wie wird unser Zukunft aussehen?

Und gerade jetzt hören wir das Wort des Apostels, wir sollten uns freuen? Wie meint er das, gerade heute, wo wir anscheinend kein Grund zur Freude haben? Was heißt es: „Eure Güte werde allen Menschen bekannt“? Worüber spricht er?

Die Antwort und die Lösung finden wir weiter im Text des Philipperbriefs. Paulus sagt: „Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren“ (Phil. 4, 6 -7).

Wir sind nicht alleine und, als Christen, nicht hoffnungslos zum Scheitern verurteilt, denn unsere Hoffnung ist Christus! Der Christus, der gestern noch den Lazarus von den Toten auferweckt hat (Vgl. Jh. 11, 1 – 46), der Jesus, der Kranke geheilt hat (vgl. Mt. 15,30; Joh. 5,3 u.a.), der den Tauben zum Hören brachte (Mk. 7, 31 – 37) und den Stummen zum Sprechen (Mt. 12, 22), der die Hungrigen gesättigt hat (Lk. 9, 17) und den bedrängten zur Hilfe kam (Mt. 14, 22 – 33), der in Armut geboren war (Mt. 1, 18 – 25) und heute im Himmelreich (Eph. 1, 20) sitzt.

Heute steht dieser Jesus vor den Toren Jerusalems und wird gejubelt von der großen Menge: „Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!“ (Mt. 19, 38). Es ist sein königlicher Einzug in die ewige Stadt. Heute wird er bejubelt von Alt und Jung, von Arm und Reich. Eine bunte Menschenmenge steht vor ihm, begrüßt ihn mit Palmzweigen und legt ihre Kleidung vor ihm Nieder. Viele dieser Menschen kannten bereits Christus. Sie haben seine rettende Kraft genossen, wurden geheilt, konnten sprechen und hören. Viele haben die Kraft seines Wortes gespürt und sind ihm gefolgt. Viele haben von ihm gehört und wollten ihn sehen oder waren sicher: Er sei der Messias. Aber es gab auch solche, die der Menge verbieten wollten Jesus zu lobpreisen, sie wollten ihn umbringen, weil er deren Vorstellungen für den Messias nicht entsprach…

Auch wir stehen heute in dieser Menge, einige von uns jubeln vom ganzen Herzen, einige haben bereits zugelassen, dass Jesus durch die Toren des Herzens in uns hineinkommt, andere haben seine Wunderkraft erlebt, andere stehen da, nur, weil jemand sie gebeten hat, wieder andere bedrängen ihn, den Herrn, und möchten allen verbieten über Ihn zu sprechen. Doch wie der Herr damals den Pharisäern entgegnete, entgegnen wir mit Ihm auch heute: „Wenn sie [diejenigen, die Gott verherrlichen] schweigen, werden die Steine schreien“ (Lk. 19, 40).

Doch auch wenn alles so wundervoll aussah, wusste der Herr, dass die gleiche Menge in wenigen Tagen schreien wird dem Pontius Pilatus: „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“. Denn dieser Einzug in die ewige Stadt bedeutete auch den Anfang der Passion Christi. Der Lamm Gottes, der geopfert wird für die Sünden der Welt, beweint diejenigen, die ihn, den Messias sehen, aber die Prophezeiung nicht verstehen möchten, und sagt: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt“ (Lk. 23, 37).

Und nun kommt er in größter Demut um Sein Heilswerk zu vollziehen. Gott höchstpersönlich! Und wie tut er das? „Er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen“, so Paulus im Philipperbrief 2, 8 – 9. Er beschreibt wie der Herr durch Leiden und Tod hin zur Auferstehung und Herrlichkeit durchgeht und mit sich all diejenigen nimmt, die an Ihn glauben. Hier begegnen wir die unaussprechbare Liebe Gottes zu uns Menschen, die für viele bis heute unverständlich bleibt. Paulus sagt dazu im Römerbrief: „Gott hat seine Liebe zu uns darin erwiesen, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“ (Röm. 5,8). Oft verstehen wir also nicht, was Gott für uns tut. Aber wir sollten zumindest heute fest daran glauben, ohne jegliche Illusion, dass Er in seiner schöpferischen Liebe, für uns sorgen wird, wie es schon immer tut. Und wenn wir genauso wie Er, gerade in höchster Bedrängnis, nicht hoffnungslos und zornig werden, sondern vielmehr selbstlos unsere Demut und Güte für den Dienst an unseren Nächsten weiten lassen, werden wir die Nähe Gottes merken, die uns Kraft und Frieden gibt, „der alles Verstehen übersteigt“ (Phil. 4, 7).

Nun steht der Herr vor den Toren Jerusalems und tritt in die Stadt hinein. Hier wird in den kommenden Tagen das erfüllen, worüber viele prophezeit haben, was gerade in der gleichen Stadt am 40. Tag nach seiner Geburt auch der greise Simeon vorausgesagt hatte: Jesus, der Herr, wird zum Zeichen des Widerspruches. Viele werden durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden (Lk. 2, 34). Pharisäer und Schriftgelehrte, sind in heftiger Konfrontation mit dem Herrn, bis er nach dem Letzten Abendmahl, während des einsamen Gebetes in Getsemani gefangengenommen und nach unmenschlichen Quälereien ans Kreuz geschlagen und dann begraben wird. Er wird seine Gegner vernichten und wird den Tod besiegen. Er wird Leben in der Ewigkeit schenken all denjenigen, die an ihn glauben und sich ihm anvertrauen. Deshalb ist es heute so wichtig, dass wir die Toren unserer Herzen breit aufmachen um den Herrn zu empfangen. Denn wir wissen, dass nur mit Ihm und durch Ihn haben wir das Leben in der Ewigkeit, nur Er ist unsere Hoffnung und nur, wenn wir unser Leben Seinem Willen entsprechend gestalten und von seiner Demut und Güte lernen, werden wir sicher sein, dass keine Bedrängnis und keine Krankheiten uns etwas antun können. Wer diese Sicherheit hat, kann vom ganzen Herzen den Worten des Heiligen Apostels folgen, der uns sagt: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe“ (Phil. 4, 4-5).

Möge Sein Segen und sein Frieden, der alles Verstehen übersteigt, mit euch sein und euch stärken und euch gesund bewahren im Leib und Seele wie gestern und heute, so auch in der Ewigkeit der Ewigkeiten. Amen.

Pfr. Dr. Diradur Sardaryan


Predigt am Palmsontag, gesprochen am 05.04.2020
in der armenischen Surb Khatsch Kirche Göppingen